Wie lange lebst du schon vegan?
Seit etwa 2015. Davor war ich ein Jahr lang inkonsequent vegan, ich habe es versucht, bin aber da noch an meinem Endgegner Käse gescheitert. Vegetarierin war ich zuvor bereits seit drei Jahren.
Was waren deine Gründe, sich vegan zu ernähren?
Es gab mehrere Gründe, angefangen hatte es mit einem traumatischem Ereignis an Weihnachten. Mein Vater hat jedes Jahr aus Tradition einen ziemlich blutigen Braten zubereitet, den ich auch immer gegessen habe. In diesem einem Jahr aber ging von einem Brett, auf dem das Fleisch geschnitten wurde, ein ganz schlimmer Geruch von Verwesung aus. Als ich das gerochen habe und das Blut dazu sah, wurde mir auf einmal sehr klar, dass das mal ein Tier war und ich musste mich übergeben. Daraufhin habe ich nie wieder Fleisch gegessen. Als ich mich mehr mit der Thematik beschäftigt und viele Infos über Tierhaltung gelesen habe, war mir bewusst, dass meine moralische Haltung, das, wofür ich stehen möchte, nicht im Einklang mit dem Konsum von tierischen Produkten sein kann. In erster Linie habe ich bei der Entscheidung, vegan zu leben, also auf mein Herz gehört. Inzwischen gibt es für mich jedoch auch so viele logische Argumente, die dafür sprechen: Ethik, Gesundheit, Gerechtigkeit (insbesondere in Bezug auf den Welthunger), Umweltschutz. Dagegen sprechen in meinen Augen nur wenige schwache, moralisch nicht haltbare Vorwände wie Geschmack, Gewohnheit, Bequemlichkeit oder Tradition. Die Abwägung ist also an sich sehr simpel! Für mich kann der kurzzeitige Genuss von Fleisch oder Milchprodukten nie schwerer wiegen als das Leid, was einem empfindungsfähigem Wesen angetan wird.
Ist dir etwas schwer gefallen?
Jede Form von Käse wegzulassen war schwer für mich. Früher war ein Salat für mich erst richtig lecker, wenn z.B. auch Feta drin war. Alternativen, die dem Geschmack und der Konsistenz von Käse so richtig nahekommen, habe ich bislang nicht gefunden. Allerdings muss ich sagen, dass es für mich inzwischen auch keine Notwendigkeit mehr gibt, solche Analogprodukte zu finden. Ein Gericht kann für mich auch ohne die Zutat von Käse vollwertig sein und lecker schmecken. Durch meine Ernährungsumstellung habe ich nicht nur viele tierische Lebensmittel gestrichen, sondern auch viele super leckere pflanzliche neu entdeckt, die ich vorher nicht kannte! Es war auch am Anfang schwierig im sozialen Kontext. Ich wollte vegan leben und habe das auch so kommuniziert. Damit habe ich mich aber auch gleichzeitig angreifbar gemacht, mit dieser Situation musste ich erst einmal lernen, umzugehen.
Fehlt dir etwas?
Mir fehlt mittlerweile gar nichts mehr. Der Endgegner Käse ist besiegt. Ich fühle mich fit und gesund und war sehr lange schon nicht mehr krank. Mein Blutbild ist total in Ordnung, ich lasse mich regelmäßig testen. Ich finde schon, dass der Spruch „Du bist, was du isst“ wahr ist. Und so versuche ich, meinem Körper die optimalen Voraussetzungen zu schaffen. Vitamin B 12 nehme ich mittels angereicherter Zahnpasta zu mir. Ich schaue, dass ich jeden Tag Hülsenfrüchte esse, eine Handvoll Nüsse zu mir nehme und esse viel Obst und Gemüse. Für mich bedeutet vegane Kost nicht gleich gesund. Es muss meiner Meinung nach vollwertig aufgebaut sein. Aber das sehe ich nicht dogmatisch. Für mich gilt die Regel: Je bunter der Teller, desto gesünder. So komme ich auf das, was mein Körper braucht.
Wie hat dein Umfeld reagiert?
Am Anfang waren meine Freunde ziemlich skeptisch, als sei es nur eine Phase. Ich wollte gern all meine Informationen, die ich hatte, teilen und habe schnell gemerkt, dass da oft kein Interesse besteht, zu erfahren, was hinter den hochgezogenen Mauern der Schlachthöfe passiert und wurde zurückgewiesen. Das hat mich schon sehr verletzt, denn für mich waren das Missstände, von denen meine Freunde auch wissen sollten. Ich hatte wirklich die Hoffnung, ich könnte mit meinen Infos auch andere von einer fleischfreien Ernährung überzeugen. Bei meiner Familie war es zu meinem Glück ganz anders. Ich habe drei Schwestern und von denen sind zwei mittlerweile auch vegan. Der blutige Braten an Weihnachten wurde durch einen Nussbraten ersetzt. Meine Mutter ist auch Vegetarierin geworden und lebt nahezu vegan.
Hat sich dein Körper / deine Gesundheit verändert?
Es war bei mir eher ein allgemeiner Wohlbefindenszustand, der sich verbessert hat. Nach dem Essen fühle ich mich nicht mehr so schwer, sondern ich habe viel mehr Energie. Seitdem ich vegan lebe, habe ich auch das Gefühl, dass ich eine bessere Verbindung zu meinem Körper habe, ich kann besser erspüren, was ich an Lebensmitteln und Nährstoffen brauche und was mir gut tut.
Ist dein Lifestyle z. B. in Bezug auf Kleidung und Kosmetika jetzt ein anderer?
Ja, total. Mir wurde dann erst klar, dass meine Lederstiefel aus Tierhaut bestehen. Das klingt naiv. Aber es war mir einfach nicht bewusst. Ich habe daher aufgehört, tierische Produkte wie Leder zu kaufen und liebe es, kleinere, faire Labels zu unterstützen. Mein Lifestyle hat sich definitiv auch in die Öko-Ecke bewegt und ich reflektiere viel mehr als früher, was ich konsumiere und wie ich unsere Umwelt schützen kann.
Was nervt dich am meisten, wenn du auf Nichtveganer triffst?
Es nervt mich am meisten, wenn die Leute so zumachen, dass überhaupt kein Gespräch möglich ist. Zu Anfang hatte ich oft das Gefühl, angreifbar zu sein und mich verteidigen zu müssen. Mittlerweile kann ich aber gut argumentieren und führe auch gern mal hitzige Diskussionen mit Nichtveganern. Aber oft finden solche Gespräche nicht statt, da Nichtveganer sich ab einem bestimmten Punkt nicht weiter damit auseinandersetzen wollen. Und das macht mich echt wütend, da doch jeder auch in der Verantwortung ist und es zu viele Dinge gibt, die man heute meiner Meinung nach nicht mehr ignorieren darf. Bei dem Thema Ernährung sagen viele, das sei ihre persönliche Entscheidung und das ist es einfach nicht mehr. Es betrifft uns alle, was der andere auf dem Teller hat.
Was isst du am liebsten, was ist dein Soul Food?
Tatsächlich das, was ich heute zubereitet habe. Mich hat sogar mal jemand die „Hummus-Queen“ genannt! Hummus in allen Varianten mit gutem Gemüse, selbstgebackenem Brot oder auch einfach mal Chips ist einfach mein Favorit – geht super schnell, der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt und ich liebe den Geschmack.
Was für eine Welt wünschst du dir?
Ich wünsche mir eine vegane Welt. Ich erhoffe mir dadurch, dass viele der Missstände verschwinden. Natürlich ist vegan nicht die Lösung für alles. Aber ich denke schon, wenn wir weiterhin so viel Leid verursachen, dass wir auch als Menschen nicht so miteinander umgehen, wie wir sollten. Für mich wäre eine vegane Welt auch automatisch eine friedlichere.
Mein Tipp für den veganen Start:
Informier dich! Und dann geh mal in den Supermarkt und versuche, hinter jedes tierische Produkt zu schauen. Dann nicht nur die Tüte Milch zu sehen, sondern eben auch die Kuhmutter, die ihrem Kalb diese Milch nicht geben darf – das Leid hinter den Produkten zu sehen. Und sich dann fragen, wiegt der Geschmack nun stärker oder das Leid, was ich auch mitverursache?
HEIKES OFENGEMÜSE MIT HUMMUS-VARIATIONEN
ZUTATEN FÜR 2 PORTIONEN
OFENGEMÜSE MIT KARTOFFELSPALTENBunte Variation an Gemüse (Menge und Anteile je nach Belieben, z. B. Rote Beete, bunte Möhren, Champignons, Fenchel, Brokkoli, Süßkartoffeln)
4 mittelgroße Kartoffeln
Olivenöl
Paprikapulver, Chilipulver, Pfeffer, Salz
2-3 Zweige frischer Rosmarin
GRUNDREZEPT HUMMUS2 EL Olivenöl
1 EL Tahin
Saft einer halben Zitrone
½ TL Kreuzkümmel
1 Prise Salz
Pfeffer nach Belieben
SÜSSKARTOFFEL-HUMMUS200 g Kichererbsen
1 kleine Süßkartoffel (ca. 250 g geschält)
1-3 EL Olivenöl
1 EL Senf
½ TL Curry
ERBSEN-HUMMUS200 g TK-Erbsen
½ Bund Petersilie
3-4 Minzblätter
ROTE-BETE-HUMMUS200 g Kichererbsen
1 kleine Rote Bete
Für das Ofengemüse das ganze Gemüse schälen und in Stücke schneiden. Die Kartoffeln putzen und mit Schale in Spalten schneiden. Alles mit Öl und Gewürzen marinieren.
Gemüse und Kartoffeln auf ein mit Backpapier ausgelegtes Backblech verteilen, die Rosmarinzweige über die Kartoffeln legen und alles für ca. 20 Minuten bei 200°C im Ofen backen.
Süßkartoffel schälen (falls nicht Bio, sonst kann die Schale dranbleiben), in Stücke schneiden und für ca. 10-15 Minuten in Wasser garkochen, sodass sie gut zu pürieren ist. Kichererbsen abgießen, dabei das Wasser auffangen, waschen und abtropfen lassen. Alle Zutaten in einen Mixer geben oder mit einem Pürierstab zu einer homogenen Masse verarbeiten. Falls die Masse zu fest ist, mit dem Kichererbsenwasser oder ein wenig Olivenöl verflüssigen.
Erbsen in einem Topf ca. 5 Minuten kochen und anschließend kalt abschrecken. Petersilie und Minze grob vorhacken. Alle Zutaten in einen Mixer geben oder mit einem Pürierstab zu einer homogenen Masse verarbeiten. Falls die Masse zu fest ist, mit etwas kaltem Wasser oder ein wenig Olivenöl verflüssigen.
Rote Bete mit Schale in einem Topf ca. 20 Minuten kochen, sodass sie gut zu pürieren ist. Anschließend schälen (unbedingt Handschuhe tragen, die Bete färbt stark) und in kleine Stücke schneiden. Alle Zutaten in einen Mixer geben oder mit einem Pürierstab zu einer homogenen Masse verarbeiten. Falls die Masse zu fest ist, mit etwas kaltem Wasser oder ein wenig Olivenöl verflüssigen.
Bernd Fiedler says
Danke für dieses wunderbare Interview und erstklassigen Rezepte